Lampenfieber als Wachmacher

Lampenfieber ist für viele einfach eine schreckliche Sache. Ein Zustand, in dem man nicht Herr seiner Sinne ist. Die andere Seite der Lampenfieber-Medaille jedoch kann pushen, inspirieren und richtig wach machen. Der amerikanische Pianist und Autor Charles Rosen vergleicht die Symptome des Lampenfiebers mit denen der Verliebtheit. Ich kann das auch bestätigen. Positives Lampenfieber ruft eine Art Erregung hervor, in der man einfach raus möchte, zu seinem Publikum. Ein bisschen auch, wie wenn ein Pferd mit den Hufen scharrt, bevor es endlich losgaloppiert.

Die Freude vor einem Auftritt kommt, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Allerdings sollte man sich nicht so sicher sein, dass sie einen einlullt. Genau diese Gratwanderung macht es aus, ob sich der Stress negativ oder positiv, also in Dis- oder Eustress umwandelt.

Ein Beispiel aus einer Vorführung hat mich das ein für alle mal gelehrt. Es war eine Musicalaufführung, in der ich die weibliche Hauptrolle spielte. In einem sehr emotionalen Song, in dem ich Freude und Ängste einer bevorstehenden Hochzeit beschrieb und auch Visionen sah, verließ mich eines Abends mein Gedächtnis. Ich hatte einen totalen Blackout, der Horror eines jeden Sängers oder Schauspielers. Kein Chor im Hintergrund, kein Partner, der einem soufflieren konnte, nur ein durchsichtiger Gittervorhang, der mich vom Publikum und vom Dirigenten trennte. Dieser versuchte vergeblich, mir mit Mundbewegungen, den Text oder einen Einstieg zu vermitteln. Dann bemerkte ich nebenbei auch die Souffleuse in der Gasse, die sich äußerst bemühte, mir den Text ins Gehör zu bringen. Nichts….alles war vergebens. Mein Gedächtnis, was mich so gut wie nie im Stich ließ, machte Ferien. Aber keinen Kurzurlaub, sondern richtig ausgiebig. Das war vielleicht für mein Gehirn schön, aber mir fiel nicht ein Wort des strophenreichen Liedes ein. Das einzige, was ich tun konnte, den Sinn des Liedes zu spielen… und das tat ich mit der ganzen Inbrunst, die mir in diesen schockierenden Minuten blieben. Es war einfach nur grauenhaft. Der einzige Trost, der mir da noch verblieb, war die Anmerkung einer Besucherin, dass ich gerade diese Szene so unglaublich ausdrucksstark gespielt hätte…

Gelernt habe ich daraus: Dieses Lied war mir so sicher. Ich hätte es gesungen, wenn mich jemand nachts aus dem Bett geholt hätte. Aber bei dieser einen Aufführung blieb mir der Text weg. Warum weiß ich bis heute nicht. Das ist die Gratwanderung, die ich vorher meinte. Man soll sich sicher sein, in dem, was man vorträgt, aber man darf sich auch nie zu sicher sein. Immer schön wach bleiben… dabei hilft eben auch das Lampenfieber.

Was ich damit sagen will, Lampenfieber …. hat doch (fast) jeder

Doch lassen Sie es sich gesagt sein, Lampenfieber ist Power pur. Also nicht nervös werden, weil Sie Lampenfieber verspüren. Es muss nur in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Es gibt nämlich unterschiedliche Arten von Lampenfieber. Deshalb ist es generell nichts Schlechtes und vor allem auch nichts, wovor man sich fürchten muss.

Die Bedeutung des Wortes kommt wohl von Rampenlicht und Fieber, was sich von selbst erklärt. Es tritt vornehmlich bei Künstlern auf, aber auch bei jeder Art von Vorträgen und Seminaren oder den immer beliebter werdenden Webinaren.

Wie entsteht Lampenfieber?

Diese Art Stress entsteht meist vor Auftritten, wenn man sich einer Erwartungshaltung des Publikums ausgesetzt sieht. Dabei muss man zwischen zwei verschiedenen Arten von Lampenfieber unterscheiden. Die eine kann durchaus negative Auswirkungen haben, gerade, wenn es sich um Auftrittsangst handelt.

Meist verbindet man damit auch Versagensängste, die Furcht, etwas falsch zu machen, Text zu vergessen oder beim Publikum nicht anzukommen. Bei Sängern – und davon kann ich auch ein Lied singen – kommt dann noch die Angst dazu, dass die Stimme versagt, die Höhen bzw. Tiefen nicht gut klingen etc.

Gerade das Warten vor dem Auftritt erzeugt die größte Nervosität, zumindest mir erging es oft so. Wenn ich dann auf der Bühne stand und im Spiel war, verflog das mehr und mehr. Ganz frei war ich jedoch nie von Lampenfieber. Ähnlich ergeht es Musikern vor dem Auftritt. Dann können die Hände klamm werden oder die Füße zittern. Das kann unangenehme Folgen für Musiker haben. Feuchte Hände beeinträchtigen den sicheren Tastengriff beim Pianisten oder verursachen unsaubere Töne bei Streichinstrumenten. Die Feinmotorik kann nicht mehr richtig kontrolliert werden.

Beim Sänger kann es zu trockenen Schleimhäuten, Hustenreiz und Vergesslichkeit führen. Die Atemführung kann dabei außer Kontrolle geraten und die Stimme klingt nicht mehr „normal“. Das Timbre verändert sich und die Stimme schwingt nicht mehr frei.

Generell kann Lampenfieber einen Blackout bei allen Arten von Auftrittsängsten hervorrufen, was sich natürlich noch verstärkend auf die Nervosität auswirkt.

Diese Art von Stress befällt aber nicht nur Künstler. Führungskräfte, Speaker, Trainer, Coachs oder Menschen, die plötzlich vor die Kamera müssen, haben damit zu kämpfen. Alles, was man vorher genau in Gedanken durchgesprochen hat, verschwindet plötzlich im Kopf zu einer grauen Nebelwand. Man verliert den Faden, die Knie schlottern und die Stimme wird unnatürlich hoch und kiekst.

Viele vergleichen diese Art von Lampenfieber auch mit einer Art Prüfungsangst. Man will sich und den Zuhörern etwas beweisen. Jeder möchte doch mit seiner Rede die Menschen in seinen Bann ziehen, einen Gewinn damit erzielen, sei es privat oder geschäftlich. Jeder wünscht sich, die Schlagfertigkeit bei Fragen oder unangenehmen Kommentaren zu haben, die man bei anderen so bewundert. Und dann…. ist alles vorbei. Kein Input vom Gehirn mehr, kein Humor, keine Redegewandtheit….

Wenn man einmal einen schlechten Auftritt hingelegt hat, kommt die Angst, erneut zu versagen oder sich zu blamieren. Dann kann sich diese Angst regelrecht manifestieren und zu einem ständigen Begleiter bei Auftritten führen.

Erste-Hilfe-Kurs gegen Lampenfieber

Lassen Sie diesen Begleiter, wenn er böse Absichten im Schilde führt, im Regen stehen. Schlagen Sie ihm ein Schnippchen. Prüfungsängste, Angst vor Versagen, vor miesen Castings oder weichen Knieen gehören der Vergangenheit an. Gehen Sie der Sache auf den Grund, warum Ihr Herz Ihnen bis zum Hals schlägt, wenn Sie einen Elevator Pitch, ein Vorsingen, Vorsprechen oder eine Rede halten sollen. In welcher Ecke Ihres Herzens ist diese Angst versteckt.

In jedem Fall können Sie sich selbst einen Erste-Hilfe-Kurs verpassen, wenn Sie lernen, tief und entspannt zu atmen. Selbst vor einem rauhen Kommentar eines Zuhörers…atmen Sie erst tief, bevor Sie antworten. Lassen Sie erst Ihr Gehirn zu Wort kommen, bevor sich Ihr Mund bewegt.

Niemandem, glauben Sie mir, niemandem fällt es auf, wenn Sie einige Sekunden schweigen, bevor Sie antworten. Im Gegenteil, man wird es Ihnen als Überlegenheit auslegen.

Für Sprecher gilt: Bereiten Sie sich genau auf Ihren Auftritt vor. Machen Sie sich einen Fahrplan und präparieren Sie sich, damit Sie wissen, wovon Sie sprechen. Es könnten Kommentare oder Fragen von Zuhörern kommen, die Sie möglicherweise aus der Bahn werfen.

Bleiben Sie locker und authentisch. Versuchen Sie nie, nie, jemand anders zu sein. Haben Sie Spaß, mit dem Publikum zu flirten. Es ist eine neue Bekanntschaft, bei der Sie Eindruck machen und einen guten hinterlassen wollen.

Und seien Sie immer dankbar, denn dieses Publikum ist da, um Sie zu hören, weil Sie was zu sagen haben.

Woher Ihr Lampenfieber wirklich kommt, können Sie dann in der Begegnung mit sich selbst erfahren. Ich helfe Ihnen gern dabei, dem Disstress auf die Spur zu kommen und dem Eustress Eintritt in Ihr neues Leben zu gewähren.

Beatrice
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